Aberglaube war schon immer ein fester Bestandteil unseres Lebens. Ein Punkt, in dem Aberglaube nach wie eine wichtige Rolle spielt, ist der Umgang mit der weiblichen Menstruation.
Auch heute wird die von unseren Großmüttern vererbte Weisheit, Frauen, die ihre Tage haben, dürften keine Eier kochen, Sahne schlagen und nur mit Handschuhen putzen, gerne weitergegeben. In manchen Fällen ist dies eine gute Ausrede, um sich vor der Hausarbeit zu drücken, trotzdem ist es an der Zeit, diese „Regeln“ zu hinterfragen und auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen.
Die Römer und Griechen haben angenommen, eine Frau sei ein unfertiger Mann, was vor allem Ausdruck der Minderwertigkeit gegenüber dem Mann war. Daher wurden die monatlichen Blutungen als eine Art Reinigung von überschüssigem Körpersaft und Blut angesehen. Viele Gelehrte behaupteten, die Menstruation sei giftig, und eine Frau könne sie nur deshalb überleben, da sich ihr Körper über die Jahre hinweg daran gewöhnt hat und deswegen immunisiert ist.
Im Mittelalter hatten die Klöster das Wissensmonopol, Mönche waren die Wissenschaftler der Zeit. Diese sahen die Sexualität der Frau im Zusammenhang mit dem Sündenfall und daher als Verderbtheit an. Besonders die Menstruation war ein eindeutiger Beweis hierfür, weshalb menstruierende Frauen als „unrein“ galten. Selbst Männer, so können wir es in der Bibel im Buch Leviticus nachlesen, galten als unrein, wenn sie mit einer Frau, die ihre Periode hatte, in Kontakt kamen.
Besonders der christliche und der jüdische Glaube haben die Menstruation immer wieder zum Thema gemacht: In der urchristlichen Gesellschaft waren Frauen durchaus in höheren Positionen zugelassen. Erst später wurden die bei den Juden vorherrschenden Traditionen übernommen und die Menstruation als unrein bezeichnet. So durften Frauen während ihrer Tage keine Kirche betreten, ein Verbot, das sich bis zu sieben Tage nach der Periode zog, um jeden „unreinen“ Kontakt zu vermeiden, und nur eine Reinigung (bei den Juden „Mikwe“ genannt), konnte den Zustand der „Unreinheit“ wieder aufheben.
Im 19. Jahrhundert und bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war Verhütung kein Thema, im Gegenteil, die ultrakonservative und christlich geprägte Gesellschaft schrieb Frauen vor, schwanger zu werden. Weil aber fälschlicherweise angenommen wurde, der Eisprung finde während der Menstruation statt, was man durch Beobachtung der Brunft bei Tieren festgestellt zu haben glaubte, herrschte die Meinung vor, jede gereifte Eizelle müsste befruchtet werden.
Noch im 20.Jahrhundert wurde eine menstruierende Röntgenassistentin beurlaubt, Frauen durften während ihrer Periode kein Fotolabor betreten, um die Filme nicht zu beschädigen, und in Krankenhäusern wurden Blutabnahmen verweigert. In Japan sind die Frauen noch heutzutage dazu gezwungen, einen Tampon nur mit Einweghandschuhen einzuführen.
Manche dieser Maßnahmen beruhten auf durchaus guten Gründen. In warmen Ländern, in denen, wie zu Zeiten der Entstehung des Alten Testaments, die nötigen hygienischen Bedingungen nicht immer gegeben waren, konnte man die Vorschrift, eine menstruierende Frau von der Küchenarbeit fern zu halten, als sinnvolle Vorsichtsmaßnahme verstehen, so wie die meisten Regeln aus dem Alten Testament Bestimmungen waren, die einen eigentlich rein praktischen Grund hatten. Dass dies in der Zwischenzeit aber alles andere als sinnvoll ist, liegt auf der Hand. Es gibt also keinen Grund, sich weiterhin an die Regeln unserer Großmütter zu halten.
Dabei gab es auch immer schon Bereiche, wo die Menstruation als was Besonderes angesehen wurde, ja, wo der weiblichen Menstruation besondere Kräfte zugesprochen wurden: So herrschte der Glaube, eine durchs Feld spazierende blutende Frau verscheuche Ungeziefer, und Waffen, welche mit Menstruationsblut einer Jungfrau geschmiedet wurden, machten besonders siegreich. Leider sind diese Aberglauben allerdings genau so wenig wahr, wie diejenigen, die die Menstruation der Frau verteufeln.
(vs)
Bild: Mariae Reinigung, Staatliche Museen Berlin