20.05.2010 |
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Wenn der Lehrling zum Lehrer wird
Im Theaterstück „Parzival/Short Cut“ von Peter Raffalt passt alles zusammen: Eine (simple) Geschichte, Rockmusik und ein lebendiges Spiel.
Die „Junge Burg“ nahm sich mit der Legende rund um Parzival des Themas, ob nur ausgebildete Profis gute Shows bieten können, oder ob die Begeisterung und Eigeninitiative von Anfängern oder Hobbyschauspielern nicht das Handwerk der anderen aufwiegt, an.
Klar und eindeutig zeigten die jungen Schauspieler ihre Sichten auf die gesellschaftlichen Vorstellungen und Mann-Frau-Beziehungen. Es geht um einen jungen Mann, der erst Ritter sein will, dann eine Prinzessin rettet, die ihm anbietet, seine Frau zu werden. Im Vordergrund stand dabei die Naivität und Unerfahrenheit, ja, die Unschuld des jungen Parzival.
Parzival, zu einem Muttersöhnchen erzogen, bricht auf, um seinen eigenen Weg zu finden und Selbständigkeit zu erlernen. Er verlässt das ihm vertraute Leben und tritt ein in die Welt der Menschen, wo gesellschaftliche Vorstellungen und Moral über Taten und Werdegang jeder einzelnen Person entscheiden. Wenn man dazu gehören will, muss man sich anpassen. Parzival aber, der ganz seinen Instinkten folgt, eckt an. Doch er will lernen. Er holt sich Ratschläge und hört den klugen Reden der Weisen zu, nimmt die Informationen auf und wendet sie an. Doch nicht immer vermag er es, der gesellschaftlichen Moral zu entsprechen. Dafür bewahrt er sich seine ungezwunge Freiheit.
Parzivals Direktheit und Ehrlichkeit bringen auch andere dazu, ihren Lebensstil zu ändern und gegen die allgemein geltenden Vorstellungen und Regeln zu verstoßen. So bringt etwa Parzivals Beispiel eine zu Unrecht beschuldigte Frau dazu, ihren Mann zu verlassen, statt sich alle Mühe der Welt zu geben, die Ehe zu retten.
Die mittelalterliche Geschichte aus dem Sagenschatz rund um König Artus wurde unter der Leitung von Matthias Jakisic durch rockige und moderne musikalische Akzente erfrischend ins Heute versetzt. Das lebendige, sich immer wieder wandelnde Bühnenbild von Vincent Mesnaritsch beeindruckte.
Das Spiel der jungen Schauspieler, unter anderem Barbara Juch, Viola Novak, Alice Peterhans, Sarah Scharl, Jacob Ehrlich, Simon Harlan und Marko Sykora, wurde zum Abschluss mit einem heftigen Applaus und begeisterten Rufen im voll besetzten Vestibül des Wiener Burgtheaters belohnt. Ohne Zweifel: Die Anfänger haben es auch drauf!
Junge Burg: „Parzival/Short Cut“ im Burgtheater, Vestibül. Bis 9.Juni.
(vs)
Fotos: Reinhard Werner
Burgtheater