Ein-Personen-Stücke stellt man sich meistens als einen Monolog mit ein paar Schauspielausschnitten als Rückblende in die Vergangenheit vor. Es ist höchst schwierig, mithilfe dessen in 60 Minuten dem Zuschauer die Botschaft weiterzugeben. Denn ein Monolog ist wie das Buch-lesen: es gehört viel Phantasie und Vorstellungskraft eines jeden Zuschauers dazu. Im Endeffekt verlässt jeder den Saal mit seiner eigenen Interpretation der Darstellung. Frisch ist noch die Erinnerung an das Ein-Personen-Stück „Ich und meine Sabberer – P´tit Albert“ mit Franz Solar vom Vorjahr, wo der Schauspieler geschickt die Zuschauer in das Schauspiel eingebunden hat, sodass es statt einem auf einmal mehrere Dutzend an dem Stück Beteiligte geben hat.
Allein der Titel regt im Zuschauer die Sehnsucht danach an, es sich anzusehen. Der Titel ist tatsächlich vielversprechend und ist eine indirekte Übersetzung einer englischen Liedzeile von Meat Loaf: „I would do anything for love, but I won´t do that“ („Ich würde alles für die Liebe tun, ich mach´s aber nicht“.) So sehr man sich von dem Stück eine märchenhafte Liebesgeschichte oder eine gelungene Parodie an die modernen Vorstellungen und Klischees rund um Liebe und Liebesleben erwartet, wird man beides hier nicht finden. Denn das Stück erzählt von dem Moment, an dem die Magie der Fruchtlosigkeit (diejenige, die beim ersten Mal die Erzählerin noch begleitet hat) bereits verflüchtigt ist. Julia Gräfner spricht von dem Moment, an dem die geheimen Phantasien und unausgesprochene Wünsche in den Vordergrund rücken. Diese Wünsche und Phantasien verkörpert sie auf der Probebühne des Schauspielhauses Graz.
Mit ihrer zum Teil provokativen Darstellung setzt Julia Gräfner feste Akzente. Was wird von einer Frau erwartet und was ist eigentlich eine Frau? Ist es ein - so wie oft von der Gesellschaft vorgesehen – Püppchen, fesch und modisch gekleidet, wo sie eine Hintergrundrolle neben einem Mann spielt, oder steht einer Frau doch eine Vordergrundrolle zu? Die Bewegungen der Schauspielerin, ihr Gang sind sehr bestimmt, oft sogar würde man dies als männlich zuordnen, tatsächlich jedoch sind diese ein Ausdruck der Macht.
Da es bei einem Ein-Personen-Stück aufgrund des Mangels an Abwechslung durchwegs schwierig ist, die Aufmerksamkeit der Zuschauer durchgehend für sich zu gewinnen, war der Körpereinsatz von Julia Gräfner, den sie durch das gesamte Stück durchgezogen hat, durchaus berechnet. Auch wenn Männer, die sie mit direkter Ansprache dazu aufforderte nachzudenken, ob sie sich für eine Frau aufopfern würden, „do magic with your two hands“, und ihr das auch versprechen könnten, nicht ganz begeistert waren, wobei zwei Zuschauer noch während der Vorstellung den Saal verließen, einer nach der Vorstellung zu seiner Bekannten mit Seufzen sagte: „Und, überlebt?“, schien Julia Gräfner bei Frauen auf offene Ohren gestoßen zu sein. Diese schenkten ihr einen andauernden Applaus und „Bravo“-Rufe.
„Ich würde alles für die Liebe tun, ich mach´s aber nicht“ spielte auf der Probebühne (Haus Zwei) des Schauspielhauses Graz bis 19. Dezember 2015.
VS
Fotos: Lupi Spuma/Schauspielhaus Graz