Vor zwanzig Jahren staunte die Welt in Euphorie, als der Eiserne Vorhang überraschend zusammenbrach. Die Kunsthalle Wien zeigt nun das, was davon übrig geblieben ist.
Der amerikanische Philosoph Francis Fukuyama erkannte im kommunistischen Zerfall das Ende der menschlichen ideologischen Evolution und somit das Ende der Geschichte. Abseits der philosophischen Gedankenwelt erfreute man sich im Westen, dass die dem Kalten Krieg begleitende nukleare Gefahr keine ernsthafte Bedrohung mehr darstellte, und im Osten blühte die Hoffnung auf ein besseres und freieres Leben wieder auf.
Die Wende stellte sich zunächst als ein totaler Umbruch in Denkens- und Verhaltensweisen heraus. Einmal aus der kommunistischen Quarantäne ausgetreten, kamen die ex-kommunistischen Staaten mit modernem westlichem Gedankengut in Berührung und wurden erneut von nationalistisch-kapitalistischen Ideen und alt-religiösen Werten infiltriert. Der damals gestartete Prozess der Angleichung an westliche Standards ist vielerorts noch heute nicht abgeschlossen.
In der Ausstellung „1989. Ende der Geschichte oder Beginn der Zukunft“ in der Kunsthalle Wien greifen 35 KünstlerInnen unterschiedlichster Herkunft bis zum 7. Februar 2010 Begriffe wie Bürokratie, Verrat, Überwachung, Angst, Nostalgie, Gewalt, Religion und Nationalismus sowie Manipulation und Ironie auf und kommentieren auf subjektiver, künstlerischer Art den laufenden Prozess der sozio-politischen Veränderung. Die Kunstwerke drängen die Erkenntnis auf: Die Geschichte hat mit dem Zerfall des kommunistischen Systems nicht ihr Ende gefunden, bloß ist die (erwartete) Zukunft (noch) nicht überall eingetreten.
(vc)
Foto: Kunsthalle Wien