What a Time to Be Alive: Ryan Reynolds schlüpft erneut in die Rolle des Söldners Wade Wilson alias Deadpool – in einem actionbepackten, Ironie-geladenen Comic-Spektakel, das seine hohe Altersfreigabe mehr als ausnutzt.
In den USA erhielt “Deadpool” die Altersfreigabe „Rated R“. Der Buchstabe R steht für „restricted“ – Jugendliche unter 17 Jahren dürfen nur in Begleitung eines Erwachsenen in den Kinosaal. Diese Freigabe ist die erste „Rated R“ für eine Marvel-Comicbuchverfilmung seit „The Punisher: War Zone“. In den letzten Jahren wurden Filme von Marvel Comics großteils für ein jüngeres Publikum zugeschnitten – PG 13.
In der Volksrepublik China allerdings darf der Film gar nicht gezeigt werden – ein Resultat der dortigen extrem strengen Zensur. So werden Teile, die nicht „altersgemäß“ oder “angemessen“ sind, normalerweise gänzlich entfernt. Im Falle von „Deadpool“ allerdings wäre dies gar nicht möglich. Es war für die chinesischen Zensoren nicht durchführbar, den Film so zu schneiden, dass er noch verständlich wäre. Nimmt man nämlich alles heraus, was brutal, freizügig und rüpelhaft ist, bleibt schlussendlich nichts mehr übrig. Aus diesem Grund entschloss man sich, den Film gar nicht erst zu zeigen.
"In China, it's rated „Go Fuck Yourself“
- Zitat, Ryan Reynolds, Graham Norton Show
Im deutschsprachigen Raum wird der Film ungeschnitten und mit der Altersfreigabe FSK 16 gezeigt. Österreichweit interessanterweise jedoch mit der Ausnahme Burgenland, in dem der Film „FSK 18“ bekam.
Die freiere FSK-Bewertung macht „Deadpool“ zu einem einzigartigen Filmerlebnis, das nicht nur der Wesensart des Antihelden aus dem Comics gerecht wird, sondern auch dazu führt, dadurch bereits nach nur wenigen Tagen schon so manchen Rekord gebrochen zu haben.
Not only does it have the biggest opening for a film released in February (shattering Fifty Shades of Grey’s previous record of $85 million), but it now holds the record for the biggest R-rated opening weekend, besting previous record-holder The Matrix Reloaded.
(Quelle: screencrush.com: „‘Deadpool’ Broke Some Major Box Office Records”)
4th Wall? What 4th Wall?
Die Altersfreigabe erlaubt es “Deadpool”, sich nicht zurücknehmen zu müssen. Deadpools Wesensart unterscheidet sich sehr stark von jener seiner Marvel-Kollegen. Der Titelheld ist jedoch kein „Held“. Auf diesen Umstand macht uns sogar Deadpool selbst mehrmals aufmerksam.
Wade Wilson ist ehemaliger Soldat einer Spezialeinheit, der nun als Söldner sein Geld auf mehr als zwielichtige Art verdient. Als sich Wilson eines Tages mit einer Krankheitsdiagnose – Krebs im Endstadium – konfrontiert sieht und ein Experiment, das ihn mit übernatürlichen heilenden Kräften ausstattet, seine letzte Hoffnung zu sein scheint, wird sein Leben auf den Kopf gestellt. Als Wilsons Alter Ego Deadpool macht sich dieser nun auf den Weg, seine Freundin aus den Fängen des sadistischen Ajax zu befreien.
Wade Wilson (Ryan Reynolds) vor der Prozedur, die ihm Superkräfte geben wird. Links: Gina Carano ("Angel Durst"), rechts: Ed Skrein ("Ajax").
Deadpool: Whatever they did to me made me totally indestructible... and completely unfuckable.
Eine weitere Einzigartigkeit des Antihelden ist der Umgang mit dessen Publikum. Die Eigenart, sich direkt mit den Zusehern zu unterhalten, wurde aus dem Comicbuch übernommen und macht den Film zu einem außergewöhnlichen Genuss. Damit nehmen sich der Film und damit seine Macher selbst nicht sehr ernst. Ein willkommenes Vergnügen.
„Deadpool“ macht das sogenannte Durchbrechen der vierten Wand zu einer eigenen Kunstform.
Von Anfang bis Ende Filmes (die obligatorische Szene nach dem Abspann ist dabei keine Ausnahme) macht sich „Deadpool“ über Hollywood, Comicbuchverfilmungen und damit auch sich selbst, lustig.
Links: TJ Miller ("Weasel"); rechts: Gina Carano ("Angel Dust")
Die Eröffnungssequenz alleine ist schon eine Klasse für sich. Es werden nicht, wie wir es gewohnt sind, die Namen der Darsteller und Drahtzieher des Filmes aufgezählt. Um etwas auf die Story und den Ton des Filmes einzustimmen, wurde eine Szene aus der Mitte des Filmes genommen und nochmals auf wunder- und kunstvolle Weise in Zeitlupe auseinandergenommen. Zwischen Autowracks, Explosionen und deren Opfer werden die Verantwortlichen sehr unkonventionell vorgestellt: Beispielsweise Regisseur Tim Miller – hier vorgestellt als „An overpaid tool“; Wade Wilsons Verlobte Vanessa, gespielt von Morena Baccarin, hier nur „A hot chick“; Deadpools Gegenspieler Ajax: „A British villain“, die Produzenten: „Some asshats“.
Und Ryan Reynolds ist "God's perfect idiot". Treffendere Beschreibungen hätte man sich wohl kaum einfallen lassen können.
Der Film spielt damit auf die Typen an, die für gewöhnlich in Filmen verwendet werden und verhöhnt diese Klischees.
Eine Bezugnahme auf unsere reale Welt jagt in diesem filmischen Meisterstück die nächste – vom obligatorischen Gastauftritt Stan Lees, über diverse Erwähnungen der X-Men (sowohl der Figuren in der Comicbuchwelt als auch der Schauspieler, die diese in den Verfilmungen verkörpern) bis zur Bezugnahmen auf den Deadpool-Darsteller Ryan Reynolds selbst.
Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hillebrand, links) und Deadpool (Ryan Reynolds, rechts)
Deadpool ist bekanntlich Teil des X-Men-Universums; Ryan Reynolds war bereits in Wolverines Origin-Story von 2009 als Wade Wilson im Einsatz. Nach dessen katastrophaler Verarbeitung jedoch setzte sich Reynolds zum Ziel, seinem Lieblingscharakter die ihm gebührende Behandlung zu produzieren und zu ermöglichen, den „Merc With a Mouth“ („Söldner mit dem losen Mundwerk“) comic-gerecht an den Mann zu bringen.
Deadpool ist so ich-bewusst wie kein anderer und dies macht ihn zu einem unverwechselbaren Comicbuchhelden, der beweist, dass es sehr wohl möglich ist, sowohl Comicbuch-Fanatiker als auch Filmfans und Newbies zufrieden zu stellen.
Deadpool (Ryan Reynolds) wartet auf die Ankunft seiner Nemesis Ajax . Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hillebrand, rechts) im Gefecht.
Wenn man das Grundmaterial kennt, respektiert und gekonnt umsetzt, steht dem Erfolg an den Kinokassen nichts mehr im Wege – selbst, wenn sich die Geschichte um einen fluchenden, freizügigen, vorlauten Söldner dreht (oder, gerade deshalb?).
Und wenn man dann noch das Marketing-Department so gekonnt einsetzt, wie es die Macher von Deadpool gemacht haben, dann hat man sich diesen Erfolg und die damit kommende Anerkennung reglich verdient.
Die erste Begegnung von Vanessa (Morena Baccarin) und Wade Wilson (Ryan Reynolds).
Die Vermarktung von Deadpool ist so ungewöhnlich, selbst-ironisch, witzig und bahnbrechend wie der Film selbst.
Wenn man sich die Werbeplakate des Filmes ansieht, weiß man eigentlich schon alles über "Deadpool", was man wissen muss, um sich vorab ein Bild über diesen neuesten Superhelden-Film zu machen. Witzig, provokant, unkonventionell und die vierte Wand durchbrechend.
Marketing-Gag: Ein sehr unkonventionelles Poster ("Dead - Poo - L")
Deadpool: And you are...?
Negasonic Teenage Warhead: Negasonic Teenage Warhead.
Deadpool: Negasonic Teenage... what the shit? That's the coolest name ever!
Regie: TIM MILLER
Darsteller:
Ryan Reynolds; Wade Wilson/ Deadpool
Ed Skrein: Ajax
Morena Baccarin: Vanessa
Stefan Kapicic: Colossus
Brianna Hildebrand: Negasonic Teenage Warhead
Gina Carano: Angel Dust
T.J. Miller: Weasel
Leslie Uggams: Blind Al
Geschrieben von: RHETT REESE & PAUL WERNICK
Produzenten: SIMON KINBERG, p.g.a., RYAN REYNOLDS, p.g.a., LAUREN SHULER DONNER
Ausführende Produzenten: STAN LEE, JOHN J. KELLY, JONATHON KOMACK, MARTIN, ADITYA SOOD, RHETT REESE, PAUL WERNICK,
Kamera: KEN SENG
Produktionsdesign: SEAN HAWORTH
Schnitt: JULIAN CLARKE, ACE
Leiter für Visuelle Effekte: JONATHAN ROTHBART
Musik: TOM HOLKENBORG
Musikalischer Leiter: JOHN HOULIHAN
Kostümdesign: ANGUS STRATHIE
Casting: RONNA KRESS, CSA
Hier gehts zum Trailer.
Text: Sabine Stenzenberger
Bildmaterial, Trailer: © 2016 Twentieth Century Fox
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