05.05.2010 |
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Mobbing am Arbeitsplatz
Folgen, Gründe, Fälle und die Rechtslage des Psychoterrors
Konflikte am Arbeitsplatz unter Kollegen wie auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind durchaus keine Seltenheit. Oft kommt es schlussendlich zu einem Kompromiss, der beide Seiten zufrieden stellt, doch können auch Meinungsverschiedenheiten in unangenehme Mobbing-Übergriffe eskalieren. Was kann man machen, wenn man selbst zum Opfer wird? Gibt es Gesetze die einem helfen? Welche Folgen hat Mobbing auf die Psyche? Und wieso wird man überhaupt zum Mobbingopfer?
Das Wort „Mobbing“ hat sich im deutschen Wortschatz bereits etabliert. Ursprünglich bezeichnete es ein Verteidigungsverhalten von Tieren, dass vom Ethnologen Konrad Lorenz 1963 entdeckt wurde. Seine Theorie besagt, dass schwächere Tiere, die sich in Opferpositionen befinden, einen stärkeren Gegner im Gruppenverhalten angreifen. Dieser hat allein kein Ankommen gegen die Gruppe und ergreift gezwungenermaßen die Flucht. Lorenz wies jenem Verhalten den Namen „Mobbing“ zu, welcher bedeutet: jemanden anpöbeln, angreifen und/oder attackieren. Nicht jede Feindseligkeit, Schikane, Streiterei oder Ungerechtigkeit darf als Mobbing verstanden werden. Erst ein langwieriger Prozess, der von einer oder mehreren Personen in einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt wird, gilt als Mobbing. Ziel dabei ist die Ausgrenzung und Vertreibung einzelner Personen. Ohne jegliche Intervention kann dies bis zum Suizid der Opfer führen.
Am häufigsten ist Mobbing am Arbeitsplatz, aber auch andere Organisationen sind durchaus betroffen. Auch Mobbing in Schulen darf nicht unterschätzt werden, die psychischen Auswirkungen bleiben die gleichen. Bei der jüngeren Generation wird meistens über das Internet gemobbt, Cyber-Mobbing genannt.
Es gibt bestimmte Verhaltensarten, nach denen Mobbing-Täter vorgehen. Zuerst wird die/der Unerwünschte abgewertet, seine Arbeit wird bloßgestellt und es erfolgt eine Ausgrenzung. Das Schlechtreden einer Person dient zur eigenen Gewissensberuhigung eines Täters, denn erst dann folgen die eigentlichen Angriffe. Das Hinausdrängen selbst erfolgt anhand von Beschuldigungen, dass das Opfer psychisch krank sei und nur noch eine Belastung für den Betrieb darstelle.
In den späten 80er sowie frühen 90er Jahren wurden erstmals Mobbing_Fälle unter Erwerbstätigen bekannt. Der schwedische Arzt und Psychologe Heinz Leymann veröffentlichte zu jener Zeit seine Forschung über indirekte und direkte Angriffe in der Arbeitswelt. Heute ist der Druck auf jeden einzelnen der Gesellschaft drastisch angestiegen. Die Arbeitsplätze sind heute keinem mehr sicher, so dass fast jeder Erwerbstätige um seine Arbeit bangen muss. Resultate der Wirtschaftskrise sind überarbeitete, gestresste und teils psychisch instabile Mitarbeiter. Ebenso steigt das Konkurrenzdenken erheblich an. Diese Umstände fördern wiederum das Mobbingverhalten.
Wenn man selbst von Mobbing betroffen ist, kann man mindestens zeitweise eine Eindämmung der Angriffe erreichen. Empfohlen werden Gespräche mit dritten Personen, denen eine Rolle als Mediator zukommt. Meistens aber sehen die Betroffenen nur eine Lösung: Die Kündigung einzureichen.
Bis heute wurden in Österreich keine Gesetze gegen Mobbing erlassen. In manchen Ländern (Schweden, Frankreich und Spanien) gibt es Gesetze, die das Mobben am Arbeitsplatz untersagen. In Österreich gewährt lediglich die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber Schutz. Dieser ist gesetzlich dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer das bestmögliche Klima zu bieten. Der Arbeitgeber muss eingreifen, wenn einer seiner Angestellten verbal oder körperlich von seinen Kollegen angegriffen wird. Jedoch sind auch viele Fälle bekannt, wo der Arbeitgeber selbst als Mobbing-Täter agiert. Dies läuft unter der Bezeichnung „Bossing“. Wenn dies zutrifft, sollte man sich an den nächst höheren Vorgesetzten wenden.
2009 behielt ein homosexueller Straßenbahnfahrer vor Gericht Recht. Er verklagte die Wiener Linien aufgrund seiner Kündigung. Er litt durch die ständigen Hänseleien am Arbeitsplatz unter einem depressiven Belastungssyndrom. Unterstützung fand er keine, ganz im Gegenteil, eine Kündigung durch den Vorgesetzten war die Folge. Er bekam seine Arbeitsstelle zurück und wurde entgeltlich dafür entschädigt.
In Österreich gibt es noch keine repräsentativen Zahlen über die tatsächlichen Mobbing-Opfer. Man schätzt jedoch, dass etwa 8% der Österreicher davon betroffen sind. Das sind rund 300.000 gemobbte Personen. Außerdem sind Frauen stärker betroffen als Männer, dies ist jedoch eher auf die Institutionen zurückzuführen, in welchen sie arbeiten. In manchen Betrieben ist die Rate, welche das Vorkommen von Mobbing misst, einfach höher. Es kann aber auch an den verschiedenen Auffassungen von Mann und Frau liegen. Eine Frau gesteht sich eher und schneller ein psychisches Problem ein und redet offen darüber.
Besonders häufig von Mobbing betroffen sind Menschen, die sich durch ein oder mehrere Merkmale von der Masse abheben. Sei es eine Behinderung, die Sprache, ein anderer sozialer Status oder etwaige äußere Auffälligkeiten. Auch Personen, die außergewöhnlich viel Engagement zeigen sowie introvertierte Persönlichkeiten laufen Gefahr, Opfer von Mobbing zu werden.
Mobbing ist ernst zu nehmen, es kann zu erhöhtem Blutdruck, Panikattacken, Depressionen bis hin zum Selbstmord führen. Von den Suiziden in Deutschland sind 20% auf Mobbing zurückzuführen.
(ik)