17.05.2010 |
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Kontrovers und Sexy
„Da Loam“: Kunst, die Grenzen sprengt.
Versteckt hinter dem Kunsthaus Graz befindet sich ein Ort, wo Kunst, Sexualität und Ruhe eine fantastische Stimmung schaffen. Zum 5-jährigen Jubiläum des Kunst-, Keramik- und Schoko-Ladens „Da Loam“ präsentiert Selma Etareri den Aufbruch ihres künstlerischen Schaffens und einen atmosphärischen Abend.
Scheiß aufs Schönheitsideal!
Selma Etareris Werke sind oft gezeichnet durch füllige Frauen, sexuelle Momente und skurrile Hintergedanken. Sie selbst musste als füllige Frau mit Spot leben, und nun durchbricht sie gesellschaftliche Grenzen, indem sie bewusst Fülle in Verbindung mit Sexualität in Szene setzt. Sie findet gerade dies inspirierend, da füllige Frauen so viele Formen, Zwischenformen und Übergänge haben, die interessant und schön sind.
Bei ihren Darstellungen geht es um die Freiheit der Frau und um das Wohlfühlen der Frau in der Sexualität.
Selma Etareri versucht bei ihrer Keramik-Kunst, eine klare Linie zu haben. Die schlichten Formen, die an Gestein erinnern, heben sich von Werken anderer Künstler durch die fast papierdünnen Gefäßwände ab. Der Ton wird wenig glasiert und mit Glasurstiften mit Linien und Zeichnungen versehen. Viele dieser Werke entstehen durch den Bruder, der ebenfalls Künstler ist.
Eine begeisterte Besucherin beschreibt die Kunst als eine Vereinigung von Kunst und Natur. Man weiß oft nicht, ob es etwas Natürliches oder Geschaffenes ist. In der Natur platziert sieht es so aus, als gehöre es genau dahin, sieht man näher hin, entdeckt man die Kunst dahinter.
Eine Figur sticht besonders ins Auge: Dargestellt ist eine nackte füllige Frau, die die Arme in die Luft streckt und lacht. Vor ihr kniet ein Mann, der an ihrer Brust saugt. Die Figur erlaubt viele Deutungen, deren Tragweite erst bei Trennung der beiden zu Tage kommt. In diesem Fall ist die Frau einfach frei und glücklich, der Mann hilflos und, laut Künstlerin, manipulierbar. Zusammen gestellt zeigt der Mann Abhängigkeit von der Frau, ein Symbol, wie die Künstlerin sagt, für die Nichtakzeptanz dieses Phänomens. Und schließlich ist es ein Symbol für das Ausnutzen von Mutter Erde (die Frau) durch den Menschen (der Mann), bis der Tag kommt, an dem die Ressourcen verbraucht sind, die Frau den Busen schüttelt und einfach nicht mehr will. Die Figur ist durchaus lustvoll und eines der faszinierendsten Stücke der Künstlerin.
Keramik aus Leidenschaft
Aus einer Familie von Bildhauern und Künstlern stammend wuchs Selma Etareri von Kindheit an mit Kunst auf. Die halbbearbeiteten Steine ihres Vaters sind bis heute bleibende Eindrücke, die sich in ihrer Kunst spiegeln. Zuerst sollte sie in die Haushaltsschule kommen, doch durch den Protest des Vaters kam sie in die Keramikschule und erwarb eine ausgezeichnete technische Basis. Nach ihrem zweiten Kind machte sie sich selbstständig und durchbrach den gesellschaftlich vorgegebenen Status, Kinder und Beruf nicht vereinen zu können.
Selma Etareri selbst sagt: „Am schönsten sind die Zeiten, in denen ich in Ruhe etwas schaffen kann“. Da sie im Leben wenig Ruhe hat, schafft sie es, durch Kunst diese Ruhe in ihr Leben und das ihrer Bewunderer zu bringen. Sie versucht Stimmungen und Gefühle zu vermitteln.
Es ist nicht gesellschaftlich konform, ein Unternehmen zu gründen und mit 5 Kindern zu leben, sagt die alleinerziehende Mutter. Kind und Arbeit sei aber auf jeden Fall einfacher zu vereinbaren als Mann und Arbeit. Sie ist ein Musterbeispiel dafür, dass man aus der Kasterlwirtschaft ausbrechen kann, und kein Geld zu haben, keine Ausrede ist. Es liegt nur daran, wie sehr man etwas will.
Zur musikalischen Untermahlung anlässlich des Jubiläums sangen die Jazzsängerin Maja Jaku begleitet mit Kontrabass, und die beiden Jungkünstler Lia und Adnan Biser, die eine spannende Atmosphäre und förmlich greifbare Elektrizität unter den Versammelten hervorriefen.
„Es muss nicht schön sein. Irgendwann kommt man über die Vorgaben hinaus und kann einfach gut sein und mit Freude und Lust Kunst schaffen“, Selma Etareri, Künstlerin. Mutter. Frei.
(kh)