Wer auf eine traditionelle Version von „Eine Weihnachtsgeschichte“ (Original „A Christmas Carol“ von Charles Dickens) hofft, wird beim Besuch von Next Liberty überrascht sein. Denn Robert Persché macht aus dem Original von Charles Dickens eine wunderbar moderne, witzige, kindertaugliche Inszenierung.
Statt dem Angestellten Bob Cratchit lässt Robert Persché Fräulein Anna Schneider (sehr lebhaft und witzig von Carola Gartlgruber verkörpert) für den ewigen Geizhals und Schnorrer Ebenezer Scrooge tätig sein. Eine junge, energische Natur, die sich in seinen Neffen,
einen Künstler, verliebt. Die Launen von Scrooge lässt die Frau über sich ergehen, denn mit der Tätigkeit als Sekretärin des Geizhalses kann sie ihr Kind und sich über Wasser halten. Dem hochnäsigen und arroganten Scrooge gefällt die Beschäftigung seines Neffen nicht. „Und dafür habe ich dich aufs College geschickt?“, fragt entsetzt Ebenezer Scrooge, als Peter (Stefan Moser) ihm sein neues Lied präsentieren will: „Weihnachten wie es scho imma woa“.
Ebenezer Scrooge (brillant von Janos Mischuretz gespielt) ist geizig, lässt niemanden auf sich zu, ist herzlos und emotionslos. Doch jedes Symptom hat seine Ursachen. So hat Ebenezer Scrooge sein gescheitertes Leben seinen Eltern zu verdanken. Einige werden im Chor schreien, sein Leben ist ja gar nicht gescheitert, denn reich ist er ja, erfolgreich auch. Nach Außen glänzt er von Gold. Doch wer kann das mit Sicherheit beantworten: macht Geld glücklich? Eben nicht. Von seinen Eltern hat Ebenezer Scrooge gelernt, dass man alles im Leben kaufen kann, so wie sie ihn jedes Jahr zu Weihnachten gekauft haben. Doch das Leben ist anders. Kaufen kann man vieles, nur nicht Gefühle, Emotionen, Menschen. Sklaven kann man kaufen. Doch will man einen Sklaven um sich haben? Jedoch einem, der es nie anders erfahren hat, ist schwer das Gegenteil zu beweisen, außer ihm das eigene Missgeschick vor Augen zu führen. Die Frau, die Ebenezer Scrooge unbedingt heiraten wollte, wendet sich von ihm ab, weil sie ja „kein Sparschwein haben will“. Jeder ist seines Glückes Schmied. So kann man sich unbewusst auch ins Unglück führen.
Die Geschichte von Ebenezer Scrooge sollte uns und vor allem die Kinder lehren, dass wir in jeder Situation menschlich bleiben und vor allem nicht nach Geld und Erfolg, sondern nach menschlichen Kontakten uns sehnen. Wenn man sich die Reichen dieser Welt ansieht, tut man sich schwer, denen Glück zuzutrauen. Allerdings fragt man sich nichtsdestotrotz, ob auch beides geht: kann man ehrgeizig, erfolgreich und vermögend, wenn schon nicht reich, und trotzdem menschlich und glücklich sein? Lässt sich beides verbinden? Die Frage kann sich wohl jeder nur selbst beantworten. Denn – bitte nicht vergessen – jeder ist seines Glückes Schmied.
Auch wenn viele Fragen offen bleiben sind wir von der Inszenierung von Robert Persché wirklich begeistert und können nicht genug davon bekommen. Nachdem die Lichter im Saal angingen, fragte der Jungredakteur Jordan (6 Jahre alt), ob jetzt eine Pause ist. Es gibt wohl keinen besseren Anerkennungsbeweis. Es wird gerockt, Witze erzählt, Robert Persché lässt der Phantasie des Zuschauers freien Lauf. Ein super Abend für die gesamte Familie.
VS
Fotos: Monika Reiter