13.06.2010 |
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Seelenloser Dandy feiert wilde Orgien
„Das Bildnis des Dorian Gray“ - Der Versuch eines edlen Horrorfilms?
England im 19. Jahrhundert - ein junger Mann reist nach London, um sein rechtmäßiges Erbe anzutreten. Er wirkt eingeschüchtert, aber er ist offen und neugierig. Dorian Gray (Ben Barnes) möchte die Welt kennen lernen. Der wunderschöne und unwiderstehliche Jüngling gerät unter die Fittiche von Lord Wotton (Colin Firth), der ihn mit seinen Moralvorstellungen und Philosophien in einen narzisstischen und egomanischen Genussmenschen verwandelt, dem außer seiner eigenen Lust nichts wichtig erscheint. Basil Hallward (Ben Chaplin) malt ein Gemälde für Dorian Gray. Es ist sein schönstes Werk, doch in ihm birgt sich ein teuflisches Geheimnis, denn während sich der junge Dandy Orgien hingibt, verändert sich das Bild: Es spiegelt seine Seele wider, aber die körperliche Hülle bleibt jung, schön und unsterblich.
Oscar Wildes Roman hat eine überraschend moderne Thematik: Jugendwahn, die Angst vor dem Alter und Selbstverwirklichung ohne Rücksicht auf die Umwelt. Wilde Orgien werden vom Regisseur Oliver Parker inszeniert, die bildnerisch ziemlich beeindruckend und ästhetisch wirken. Leider bleibt neben den schönen Szenen die Handlung auf der Strecke.
Dorian Gray wirkt nahezu stoisch. Man erkennt kaum innere Konflikte, er wirkt mehr wie ein leerer Spielball und ist vor allem mit den Attributen „jung“ und „schön“ gekennzeichnet. Er gewinnt zunehmend an Grausamkeit, was ihn aber nicht vielschichtiger zeichnet. Seine Gefühle kommen nicht zur Geltung, auch die angedeutete Liebe zwischen ihm und Emily Wotton (Rebecca Hall) plätschert nur an der Oberfläche dahin und man kann ihn bei seinen Liebesbeteuerungen kaum ernst nehmen.
Weiters verwunderlich ist die Darstellung des Gemäldes. Sollte hier ein Grusel-Horror-Movie inszeniert werden? Die Widerspiegelung der Seele Dorian Grays schmatzt, grunzt und röchelt, was allerdings beim Publikum eher zum Lachen als zum Erschauern führt. Understatement hätte dem Film in dieser Hinsicht gut getan.
Insgesamt kann man sagen, dass „Das Bildnis des Dorian Gray“ ein optisch ansprechender Film ist, doch leider nicht an die Tiefe des Buches herranreichen kann. Es wirkt wie ein Schatten, durch den man das Originalwerk gerade noch erahnen kann.
(dw)
Foto: 2009 Concorde Filmverleih GmbH