Wenn man vorhat, sich den am 11. November diesen Jahres anlaufenden Film “Immortals – Krieg der Götter” anzusehen, kann man vor allem folgendes erwarten: Einen bildgewaltigen Blockbuster mit viel Action und reichlich Gewalt. Was nicht heißen muss, dass der Film nur für Männer unterhaltsam ist. Andererseits zeigte sich schon bei der Pressevorführung, welcher Bevölkerungsanteil scheinbar ein größeres Interesse an Big-Budget-Filmen an den Tag legt – so wurde ich als Frau, die den Kinosaal betrat, bereits angelächelt – so erging es mir auch schon bei The Expendables, mit dem Kommentar, es ist cool zu sehen, dass auch Frauen actionfilmbegeistert sein können. Wobei mein Interesse an solcher Art von Filmen mehr der durchtrainierten Besetzung, als der „Geschichte“ selbst gilt, auch wenn mich Actionfilme durchaus unterhalten.
Zur Story:
Der in arme Verhältnisse geborene Theseus (HENRY CAVILL) wird wider Willen in einen Kampf gegen Tyrannen König Hyperion (MICKEY ROURKE) hineingezogen - als der auf seiner Suche nach dem sagenumwobenen „Epirus Bow“ dessen Dorf verwüstet und im Zuge dessen Theseus‘ Mutter vor seinen Augen hinrichtet.
Wir wissen nur, dass König Hyperion den Bogen finden und die von den Göttern in den Tartarus verbannten Titanen befreien will, die sich dann wiederum an den Göttern für deren Sturz rächen können. Warum der herrschsüchtige Hyperion allerdings die Titanen befreien will und somit Götter sowie Menschheit tot sehen will (denn wer könnte denn die Titanen aufhalten, wenn sie einmal befreit sind?!) wird nicht enthüllt oder ist vielleicht nur mir schleierhaft.
Theseus, der seit seiner Kindheit vom Göttervater Zeus selbst (LUKE EVANS) – in Form eines alten Mannes (JOHN HURT) - seelischen Beistand, sowie Einweisung in sämtliche Kampfkünste erhält, möchte sich natürlich für den Mord an seiner Mutter rächen und zieht samt Gefolge – unter ihnen das Orakel Phaedra (FREIDA PINTO) und der Dieb Stavros (STEPHEN DORFF) – los, um dies zu tun. Als Theseus erwachsen ist, ist er ein bestens ausgebildeter Kämpfer – die Erklärung, dass durch die Weisung Zeus' Theseus zum überlegenen Krieger wurde, war allemal realistischer als z.B. der Umstand des Perseus in Clash of the Titans (Sam Worthington) - der Sohn eines Fischers soll, als er plötzlich zwischen die Fronten gerät, Soldaten mit jahrelanger Erfahrung und Training haushoch überlegen sein?
Es handelt sich bei The Immortals um eine freie Erzählung und hält sich nicht im Mindesten an die originale Sage, was das Ganze einerseits sehr spannend macht. Einzig einige Parallelen und kleine Details wurden der Geschichte um Theseus entnommen, so wurde daraus ein vor Adrenalin und Testosteron strotzendes Actionspektakel.
Das Negative daran war, dass die Handlung teilweise sehr konfus war – einige Details, wie beispielsweise der Minotaurus, passten meiner Meinung nach nicht in die Storyline des Filmes. Auch, dass der im Dorf von Theseus stationierte Soldat Lysander plötzlich einige seiner Mitkrieger abschlachtet und auf die Gegenseite übertritt, nur um dort von Hyperion entmannt (er wurde tatsächlich, nicht metaphorisch, kastriert) und verstümmelt zu werden, war für mich eher sinnfrei. Der „freie Erzählstil“ hatte eben den Nachteil, dass Referenzen zur Vorlage (besagter Minotaurus u.a.) verwirrend wirkten – so war für mich unverständlich, welche Bedeutung die Statue eines Stieres im Palast Hyperions hatte, die monumental wirkte und den Eindruck vermittelte, eine besondere Bewandtnis für die Geschichte zu haben – aber vielleicht fehlte mir dazu nur das Hintergrundwissen zur griechischen Mythologie?!
Die Figur König Hyperions, umgeben von einer Anhängerschaft maskierter und deformierter Krieger – eine Schar von Komparsen und Statisten, die einen skurrilerweise an Predators erinnerte - wurde mit dem herben Mickey Rourke ideal besetzt – er machte das beste aus seiner Rolle. Eher lächerlich war das Daueressen Hyperions von diversen Früchten und anderem Fastfood – das sollte wohl zur „Coolness“ der Figur beitragen, wirkte auf mich aber eher grotesk und enervierend. Im Übrigen war die Person Hyperion für meinen Geschmack etwas zu „too cool for school“ angelegt – wäre er ohne seine Helme in Formen verschiedenster Tiere – wobei man nicht so recht weiß, welche das sein sollen – vielleicht weniger Angst einflößend?
Im Allgemeinen war die Schauspielerei aller Beteiligten gut und stimmig – sei es nun Stephen Dorff (bekannt u.a. aus Blade) als Stavros, der etwas Humor in die sonst sehr düstere Grundstimmung des Filmes brachte – über den Göttervater Zeus, gespielt von Luke Evans (Die drei Musketiere) – bis hin zur Schönheit Freida Pinto (bekannt aus Slumdog Millionaire und Rise of the Planet of the Apes) als Orakel Phaedra.
Was anfänglich als vielversprechende Frauenrolle beginnt – ein jungfräuliches Orakel, das durch seine Gabe eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der Geschichte bzw. der Richtung Theseus‘ Weges spielt – wird durch Verlust ebendieser Fähigkeit zur eher belangloser Nebenrolle degradiert, und muss in der zweiten Hälfte des Filmes deutlich an Mystik und Relevanz einbüßen.
Bekanntermaßen verstärkt die sexuelle Spannung zwischen den Charakteren ja die generelle Spannung eines Filmes – dieses Phänomens wird sich in nahezu jedem Horrorfilm bedient – so ist es nicht verwunderlich, dass die Elektrizität zwischen den Figuren Theseus und Phaedra gegen Ende deutlich abnimmt und somit der Film ein gutes Stück an gespannter Erwartung verliert.
Auch hat man das Gefühl, das alles schon einmal (bzw. mehrmals) gesehen zu haben – die Nebenhandlung erinnert an Filme wie Scorpion King, Prince of Persia und Clash of the Titans – aber gerade das ist unterhaltsam - es ist eben ein altbewährtes Konzept: Die Frau führt den Helden, den feschen jungen Mann, der für Ehre und Freiheit kämpft - hier der Sohn, der den Tod seiner Mutter rächt - was nebenbei bemerkt ebenso ein beliebtes Ausgangsthema in Hollywood darstellt.
Henry Cavill (bekannt u.a. als Charles Brandon aus der Serie „Die Tudors“) als in arme Verhältnisse geborener Theseus ist für mich einer der erstaunlichsten Darsteller mit einem enormem Potential, und hat mit Sicherheit noch einige bahnbrechende Rollen vor sich. Wenn man sich die Szenenbilder mit Theseus ansieht, springt einem förmlich sein wütender Blick entgegen, der einem fast Angst macht – witziger Kommentar von Stephen Dorffs Charakter Stavros dazu: „I would rather fight with a mad man than against him.“ – was den Grundton des Filmes eigentlich auch sehr gut beschreibt.
Jedenfalls nimmt man jedem Schauspieler in diesem Film seine Rolle ab – so absurd sie auch war.
Die Umsetzung der Figuren der Götter gefiel mir besonders. Was auf den Szenenbildern eher seltsam anmutete, wirkte im Film alles andere als lächerlich. Die in goldfarbenen Gewändern gehüllten Götter waren allemal die bessere Wahl, als das Erscheinungsbild der Hauptgötter des Filmes „Clash of the Titans – Kampf der Titanen“ aus dem Jahre 2010 (dort mit Liam Neeson als Zeus). Der Regisseur Tarsem Singh dazu: „In Bezug auf Schönheit, Kraft und Schnelligkeit sind die Götter Welten von den Menschen entfernt.“
Singh zeigt uns ebenso, dass der oberste der Götter kein alter Mann sein muss. Dass der Look des Filmes so faszinierend wurde, darf man der genialen Eiko Ishioka, die schon die beeindruckenden Kostüme für Bram Stoker’s Dracula entwarf, verdanken.
Der Showdown:
In einer mehr als eindrucksvollen Szene des Kampfes zwischen Göttern und Titanen und parallel dazu dem finalen Kampf zwischen Theseus und Hyperion sowie zwischen Theseus‘ Verbündeten mit Hyperions tödlichen Truppen, wird dem Zuschauer ein Actionfeuerwerk geboten, das nur so vor Spezialeffekten und bis aufs kleinste Detail durchdachte Choreografie strotzt. Tarsem Singh: „Wir haben es gleichzeitig mit drei Schulen des Kampfes zu tun. Eine ist emotional, eine hat den Wow-Faktor, und eine hat die epische Größe.“
Vor allem die Szene, in der die Götter Athena und Ares den Sterblichen (unter ihnen Theseus) zu Hilfe eilen, war für mich eine der imponierendsten überhaupt. Das Äußere der Götter gepaart mit unglaublichen Spezialeffekten und Zeitlupeneinlagen (Anm.: Ich genieße den Einsatz von Zeitlupeneffekten in dieser Art von Film immer besonders, da man sonst sehr schnell die Übersicht verliert und somit die Stimmung verloren gehen kann), lässt einen nur so staunen. Der von den Filmemachern als „Göttergeschwindigkeit“ bezeichnete Effekt lässt die übrigen Charaktere, die Sterblichen, wie Lehmfiguren aussehen.
Was wäre so ein Spektakel ohne die eine Entscheidung, in der der Held für sich bestimmen muss, ob er seinen Stolz hinunterschluckt und dem Widersacher die Hand reicht, oder ob er sein Vorhaben weiterführt, um den Schurken zu bezwingen – wir wissen natürlich, wie der Film ausgehen muss.
Was dem Film an manchen Stellen an genügend Erklärung mangelt, machen die eindrucksvollen Computereffekte, die stimmigen Kostüme sowie Schauspieler in Höchstform allemal wett. In diesem Sinne: Unleash the Titans!
Sabine Stenzenberger
Fotos: © 2011 Constantin Film Verleih GmbH