Der imaginäre Freund = der beste Freund?
„Mit wem sprichst du da, Nicole?“ - „Mit Timmy. Er sitzt neben mir. Du kannst ihn aber nicht sehen, weil er nur für mich da sein will.“ Immer mehr Kinder denken sich imaginäre Freunde aus, die immer für sie da sind, die ihnen Mut machen und die ihnen in schwierigen emotionalen Situationen beistehen. Psychologen sagen, solche Bekanntschaften sind völlig harmlos und sind kein Grund zur Sorge bei den Eltern. Im Normalfall sollten es aber die Eltern und vor allem die Mutter sein, die dem Kind beistehen und es unterstützen. Funktioniert diese Struktur nicht mehr, sind die Ursachen in der familiären Situation und im Verhältnis zwischen dem Kind und seiner Mutter zu suchen.
Wenn man Kinder genau beobachtet, so stellt man fest, dass neue unsichtbare Freunde meistens parallel zu einem wichtigen und erschütternden Ereignis im Leben des Kindes auftauchen. Sehr oft ist es die Scheidung, ein Tod, ein Umzug etc. Hat das Kind keinen engen Kontakt mit der Mutter entwickelt und traut sich nicht, aus Scham oder Schuldgefühlen, seine Probleme der Mutter anzuvertrauen, so versucht es alleine damit zurecht zu kommen und denkt sich einen imäginären Freund aus, der ihm Mut macht und womöglich auch übermenschliche Kräfte besitzt.
Oft haben die imaginären Freunde keine Eltern und dürfen somit alles machen, was sie wollen. Dieser Faktor könnte darauf hindeuten, dass die Kinder sich im Verhältnis mit erzieherischen Maßnahmen der Eltern eingeschränkt fühlen, sie brauchen Freiheit, um eigene Erfahrungen zu machen. Probleme beginnen dann, wenn die Kinder ernsthaft glauben, dass dieser unsichtbare Freund tatsächlich existiert, und sie deshalb nicht mehr zu ihren Taten stehen. „Ich war es nicht, es war Timmy!“, lautet dann immer öfter die Antwort.
Viele Psychologen sagen, Kinder, die unsichtbare Freunde habe, sind kontaktfreudiger und bauen schneller ihr soziales Netz auf. Allerdings zeigt sich besonders in der Schule, dass Schüler, die Selbstgespräche führen, verspottet, ausgelacht und nicht ernst genommen werden. Somit bleiben oft die eingebildeten Freunde, die stets zuverlässig und treu sind, für lange Zeit die einzig wahren Freunde.
Jeder will einen guten Freund haben, der einem immer beisteht, in jeder Situation die perfekte Lösung hat und einem ständig Mut macht. Wölfe haben ihr Rudel, Menschen haben die Mutter, die Stärke und Mut verleiht und immer da ist, wenn das Kind sie braucht.
(vs)