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Die verehrte Sklavin
19.06.2010
In der Oper „Entführung aus dem Serail“ enthüllt sich die Einstellung und Weltanschauung des jungen Mozarts, dessen Schicksal ihn und seine Geliebte und Ehefrau Konstanze durch Höhen und Tiefen des gesellschaftlichen und elterlichen Missachtens führt.

Von einem türkischen Herrscher, der sich eine Frau kauft, erwartet man selten Gnade oder auch Verwunderung über die Stärke und den Widerstand seiner Sklavin. Wenn man an Sklaverei denkt, denkt man unwillkürlich auch an Zwangsheirat, Frauenunterdrückung und Missbrauch. Dadurch, dass eine Frau sich nicht fügt, sondern als selbständige und unabhängige Frau auftritt, zeigt die Oper „Entführung aus dem Serail“ eine moderne Sichtweise und stellt sich damit gegen die reale Geschichte der Frauenstellung in der Türkei und in den islamischen Ländern. Die Frau bekommt am Ende das Recht, selber zu entscheiden, wodurch das Vorbild einer Frau, die keine Unterdrückung erleiden muss, verstärkt wird.





Auch wenn Regisseurin n Helen Malkowsky die Arie der Konstanze „Traurigkeit ward mir zum Lose“ als ihre Lieblings-Mozart-Arie beschreibt, gelang es ihr nicht, dies auch in der Inszenierung umzusetzen, weshalb gerade diese Passage als eher träge beim Publikum ankam. Leider schaffte es die Inszenierung auch nur bedingt, die Handlung der Oper nachvollziehbar zu machen, weshalb das Programmheft zu einem absoluten Muss für die teils überforderten Zuschauer wurde. Einzig und alleine die in einem kargen Rahmen aufgefädelten Schmetterlinge erinnern an eine Freiheitsbeschränkung, in einem Haus, in dem sich die Sklavinnen wie freie Frauen mit einem starken Willen verhalten.


 


Das Bühnenbild verwandelt sich in der letzten Szene der Entscheidung von einem prunkvollen Palast in ein verwüstetes Haus mit zerbrochenen Fensterscheiben. Die langen weißen Kleider von Konstanze (Kristiane Kaiser) und Blonde (Andrea Bogner) erinnern mehr an Brautkleider, als an ein Sklavinnengewand, was unterstreicht, dass sie einer Zwangsheirat ausgesetzt sind. Auch Bassa Selim (August Zirner) tritt ganz in Weiß auf, was im Gegensatz zu seinem unterdrückenden Handeln steht. Doch Konstanze glaubt in ihrem Herrn ein gutes und liebes Herz zu sehen und sie verehrt ihn als Mann.





Das fast ausschließlich ältere Publikum spendete anlässlich der Premiere der Oper „Entführung aus dem Serail“ sowohl während der Aufführung wie auch am Schluss reichlich Applaus.





„Entführung aus dem Serail“ in der Wiener Volksoper bis zum 4. Dezember.

(vs)


die-frau.de