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Hörig und lieblich sein - ist das alles, was eine Frau sein soll/kann?!
20.05.2012
Der berühmte Regisseur schafft es immer wieder aufs Neue, aus einer pathetischen Komödie eine Geschichte mit tiefgreifendem Sinn zu konstruieren. Im Musical „Die spinnen, die Römer!“ projiziert er die Sicht bzw. die gesellschaftliche Vorstellung von einer modernen Partnerschaft, insbesondere von einer Frau in der Ehe, vom Schlafzimmer auf die Bühne. Es gibt zwei Arten einer Ehe oder besser gesagt, es werden nur zwei in dem Musical „Die spinnen, die Römer!“ als aufschlussreiche Beispiele gezeigt. In einer gibt es keinen Sex. Die Frau ist grantig und nervös und übernimmt die Führung im Haus. Der Mann vertreibt seine Lust und baut sich den Stress in den Puffs ab. Als zweites Beispiel wird eine Frau gezeigt, die gelernt hat, dass Sex zu einer Beziehung bzw. zu einer Ehe dazugehört, was Männer an und für sich recht bequem finden. Alles, was sie kann, ist lieblich und dem Mann hörig sein.  Dass sie nicht lesen, zählen, nähen und kochen kann, findet sie selbst ein wenig problematisch. Denn sollte der Mann sie dazu auffordern - was sagt sie dann zu ihm?!

Zur Diskussion gestellt wurde die Möglichkeit einer Liebe zwischen einer jungen Frau und einem jungen gleichaltrigen Mann einerseits und anderseits zwischen der gleichen jungen Frau und einem älteren Mann. Die Frau heißt Philia (gespielt von Bettina Mönch), eine (Noch-)Jungfrau und Nutte, die an einen Hauptmann verkauft wurde. Die Männer sind verwandt. Der ältere heißt Senex (Herbert Steinböck) und sein Sohn, Hero (Paul Schweinester) ist der jüngere Geliebte  von Philia. Die Beziehung zwischen den Gleichaltrigen wird auf die rein platonische Liebe reduziert. Hero wird von seinem Vater als viel zu jung und unerfahren gesehen. Pseudolus, Sklave des Hero (Sigrid Hauser, eine männliche Rolle, die von einer Frau verkörpert wird), findet diese Unerfahrenheit gut, denn so rührt er die Unreinheit von Philia nicht an. Das Fazit, dass uns die Volksoper zu vermitteln mag: Ein unerfahrener Mann und eine unerfahrene Frau sind die perfekte Kombination. Denn nur die Liebe zählt. Relativ gesellschaftskonform, nicht wahr?!
 
Das Musical „Die spinnen, die Römer!“ hat sich als eine witzige, spritzige, satirische Aufführung erwiesen. Auch wenn die Figuren eine etwas unseriöse Kleidung trugen, die von den Clowns, die in Circus Arenen die Kinder unterhalten, zu stammen schien, und der Anfang wenig versprechend zu sein schien, konnte sich jeder sehr schnell vom Gegenteil überzeugen.  Zum Helden des Abends wurde zweifellos Pseudolus, Sklave des Hero. Dass eine Frau eine Männerfigur gespielt hat, konnte man nicht als abwertend oder unpassend empfinden, bis auf einen Moment: bei der Präsentation der Nutten aus dem Haus von Lycus, einem Kurtisanenhändler (Wolfgang Gratschmaier). Wenn eine Frau eine andere Frau zu verführen versucht, schaut und fühlt es sich nicht besonders appetitlich an. Anstatt dass einem geile Gedanken durch den Kopf stoßen, denkt man eher nach, ob die Frauen denn lesbisch seien. Bei der Bezeichnung Kurtisanen wiederum wundert man sich eher, ob das Wort Nutten nicht auf die Bühne passt oder ob es noch weitere Absichten gibt, dass es nicht ausgesprochen wird.

Das schlichte Bühnenbild aus drei Häusern und die Kostüme, die eher an eine Märchenausstattung erinnerten, passten perfekt zusammen und stimmten mit dem Inhalt des Stückes überein.

Auch die Publikumsstimmen sprechen dafür, dass es Wert ist, sich von dem Stück selbst zu überzeugen. Das erste, was meine Begleitung, die achtjährige Elena, deren Bericht man ebenfalls auf der Seite lesen kann, gesagt hat, war: “Mama, können wir noch mal das Musical anschauen?!“

Varvara Shcherbak

die-frau.de