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Nicht Recht - sondern Pflicht es zu versuchen und zu wollen
04.04.2012
Am 31.03.2012 spielten in der Wiener Volksoper gleich zwei Premieren: "Das Wundertheater" und "Der Bajazzo", beide unter der Regie von Thomas Schulte-Michels. Es hat sich gezeigt, dass oft Worte und Erklärungen notwendig sind und dass manche Kombinationen einfach nicht zueinander passen.

Nach dem Flop der Premiere vom "Wundertheater" und dem sperrlichen Applaus dazu begaben sich die Zuschauer ins Foyer. Die Fotografen machten Schnappschüsse der anwesenden - größtenteils überraschten Prominenten. Es wurde darüber gesprochen, wer was anhatte, welche Frisur zu welcher Kleidung nicht gepasst hat, wer von dem Theaterstück beeindrückt war - bis hin über Banales, wo man heute einkaufen war etc.

Nach dem Läuten zur nächsten Vorstellung sprach eine Zuschauerin die entscheidende Phrase aus: "Lassen wir uns überraschen!". Zu Recht, denn das erste Stück war anstrengender Weise unverständlich, unharmonisch und etwas übertrieben. Der Gesang passte nicht zur Musik, das Bühnenbild in Form einer Bühne auf der Bühne gab die Atmosphäre des Stückes nicht wieder. Der in schwarz gekleidete Direktor des Theaters, Chanfalla (Jörg Schneider) und seine Gefährtin, Chirinos (Martina Dorak), der Knirps (Karl-Michael Ebner) machten einen unverständlichen und ungünstigen Kontrast zum in weiß gekleideten Rest der Schauspieler. Wenn man sich das Programmheft nicht durchgelesen hätte, hätte sich einem das Thema nicht so richtig erschlossen. Die Überschriften waren so unscharf, dass man sie nicht genau lesen konnte. Dadurch bekam man, wenn man mit dem Ablauf des Stückes nicht vertraut war, davon, dass es sich in dem Stück um eine Abschiebung der Juden, die sich mit ihrer Sicht von dem vorgegebenen Durchschnitt abheben, handelte, nichts mit. Direkt geht das aus dem Stück leider nicht hervor.
 


Die verbliebenen Zuschauer ließen sich überraschen und es lohnte sich schlussendlich doch. Man erkannte in dem Stück "De Bajazzo" das allen bekannte Drama "Othello". Mit einem Unterschied: Das Stück wurde in Form einer Komödie präsentiert. Vor allem die bunten Clownskostüme erinnerten stark an einen Zirkus, auch wenn der Inhalt des Stück so ernsthaft und so lebensecht ist. Immerhin ist das Thema der Geschichte um Othello und Desdemona schon zu einem festen Bestandteil der Schlagzeilen vieler Tageszeitungen. Der moderne Mann hält Konkurrenz sowohl auf der Bühne als auch im realen Leben nicht aus.

Als gelungen entpuppte sich auch das Bühnenbild des "Wundertheaters" in Form einer Bühne auf einer Bühne (das Bühnenbild, welches im folgenden Stück "Der Bajazzo" nahezugleich war - dort hingegen nicht mehr gut wirkte). In diesem Stück passte es perfekt in die Handlung. In "Der Bajazzo" spielten auch Kinder mit. Selbst wenn sie weder sprachen noch sangen, machten sie das Schauspiel doch besonders lebendig.
 

 
"Ich verlange nach meinem Recht", schrie Canio (Ray M. Wade Jr. seiner Ehefrau Nedda (Melba Ramos) zu. Es sei jedoch nicht das Recht des Mannes eine Frau an sich zu fesseln. Wenn er nicht gut genug ist und sie einen besseren, den "Richtigen" findet, sollte er auch Kraft dazu haben, sie gehen zu lassen. Als nicht weiblich und gar nicht sexuell empfand ich, dass sich Nedda vor ihren Liebhaber Silvio (Mathias Hausmann) stellte. Ab dem Moment war sie für mich keine Frau mehr, sondern eine Mutter, die wie ein Vogel die Flügel breit genug ausbreitet, um ihr kleines Küken zu beschützen.

Wir sind alle Schauspieler und tragen Masken. Das ist eines der Hauptleitlinien, die uns das Stück vermitteln sollte. Wichtig ist im Leben, ehrlich gegenüber sich selbst und dem Rest der Welt zu sein. Nur dann kann man profitieren.

"Das Wundertheater/Der Bajazzo" spielt für alle, die dem Durchschnitt nicht entsprechen wollen, ab 31.03.2012 in der Volksoper.



Varvara Shcherbak

Fotos: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

die-frau.de