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Für Grazer Beamte ist das Hab und Gut anderer Leute keinen Groschen wert
12.07.2011
Es ist bizzar, gleichzeitig aber traurig und peinlich, dass die amtlichen Behörden das Wohl und vor allem das was für jemanden einen höheren Wert hat und von großer Bedeutung ist, überhaupt nicht kratzt.

Meine Prüfungen waren im Visier. Eine davon in Englisch, für die ich alle Folien von der e-learning Seite händisch abgeschrieben und ausgedruckt habe. Es war Freitag, am Dienstag war die erste Prüfung. Zusammen mit der Babysitterin meines Sohnes bin ich mit der Straßenbahn Richtung Mariatrost zur Englisch-Nachhilfe gefahren. Meinen Sohn und meine Mappe auf dem Schoß oder in der Hand haltend, bin ich nach zwei Stunden des Übens zurück in die heiße Stadt gekehrt. Auf der Rückfahrt vertraute ich Bettina (Babysitterin, Name von der Redaktion geändert) meine Mappe an, weil ich meinen verdursteten Sohn gestillt habe. Am Jakominiplatz angekommen bewegte ich mich Richtung Nachhause. Schnell merkte ich, dass irgendetwas fehlt. Da ich meinen Sohn immer noch auf dem Arm gehalten habe und sein fröhliches Quietschen gehört habe, habe ich gleich an die Mappe gedacht und mein Blick hat sich mit dem der verschreckten Bettina getroffen. Ich bin in der Annahme, wenn etwas in der Straßenbahn verloren geht, kann man es für immer vergessen, das verlorene Stück bekommt man nie zurück, fast in Panik geraten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Zum Glück ist die Elektrizität in der Straßenbahn abgestorben und man konnte die orange Mappe unverletzt und im Beisein der Zeugen aus ihrer „Haft“ befreien… Selbstverständlich nur ein Schmäh, wäre jedoch ein abenteuerlustiger und anlockender Schmäh gewesen.

Nach einer ausführlichen Beratung bin ich zum Jakominiplatz gegangen, um nach dem Vorsitzenden Schaffner für heute nachzufragen, und ihn zu beauftragen, eine Ansage durchzuführen. In einer gelangweilten arroganten Position, mit an der Brust verkreuzten Armen gerückt, wollte mit der Beamte keine Informationen über den Vorsitzenden (seine Auskunft: es gibt nämlich keinen) geben. Ich soll morgen vorbei kommen und nachfragen, ob etwas gefunden wurde. Etwas geschockt durch sein Verhalten, jedoch in der Annahme, ein Beamter hat immer Recht, bin ich zurück, wobei ich nach einer geistigen Watsche wegen der Dummheit und Leichtigkeit, mit der ich zulasse, dass Leute mich um den Finger wickeln, bin ich etwas festeren und sicheren Schrittes zum Jakominiplatz gegangen. Ich habe nach dem Namen des Beamten gefragt, mit dem ich gesprochen habe, wobei er mir nur seine Dienstnummer bekannt gegeben hat. „Es ist alles drinnen“, meinte er darauf. Nach meiner Bitte eine Ansage in den Straßenbahnen der  Linie 1 (mit der ich eben zurück von Mariatrost gefahren bin) zu machen, ist er in ein grollendes Lachen ausgebrochen. Ich sei verrückt und naiv, zu glauben, er macht einen Wirbel wegen IRGENDEINER Mappe. Sonst steht morgen der Nächste vor ihm und fragt nach seiner Sonnenbrille. Ich habe ihm die Situation geschildert und mehrmals die Wichtigkeit dieses Wertstückes betont! „Um die ganzen Unterlagen wieder zusammenzusammeln werde ich mehrere Wochen brauchen und der Prüfer wartet nicht bis dahin“, ich beharrend. Alle Bemühungen für nichts. „Wäre sie Ihnen so wichtig, hätten Sie sie nicht verloren.“, seine Antwort. Ich war verärgert, doch schließlich hat er Recht gehabt. Ich wollte schon die Suche aufgeben, jedoch wurde mir gesagt, ich muss wissen ob mir die Mappe wichtig ist oder nicht, um entsprechend zu handeln. Also führte meine Suche zur Polizeistation in der Schmiedgasse. Die Frau, eine Polizistin, die mir wiederrum nur ihre Dienstnummer gegeben hat, meinte, auch wenn mir eine Sache sehr wertvoll und wichtig ist, kann sie leider nichts weiteres machen und sagen, außer ich soll mich an die Fundstelle wenden, von der ich gerade gekommen war. Meine Suche drehte sich im Kreise. Auf dem Weg zurück hat mich Bettina angerufen. Die ganze Zeit hat sie ihren Posten bei der nähesten Haltestelle besetzt und auf die Straßenbahn gewartet, die nach ihrer Rundreise wieder einmal an ihr vorbeifahren sollte. Die so kostbare orange Mappe hat sie nicht gefunden. Der Schaffner hat ihr gesagt, dass er eine orange Mappe bereits entdeckt und an die Fundstelle weitergegeben hat. Fröhlich und glücklich ist sie dahin marschiert und hat tatsächlich die Mappe bekommen, die so sehnlich gesucht wurde.

Meine Annahme war jedoch bis vor einigen Tagen nach dem Fund, dass sie die Mappe direkt aus der Straßenbahn herausgeholt hat.

Immerhin zeigt meine "heitere" Suche nach der Mappe, dass die Untätigkeit der Beamten unser Leben nicht leichter macht. Es hat mich gekränkt, geärgert. Sollte man Verständnis dafür haben, dass die Beamten kein Interesse an den Bürgern haben? Wie kommt es dazu, dass auf das Wertvollste eines Einzelnen buchstäblich geschissen wird? Ist das Wertvollste eines Einzelnen für das Land nichts wert? Warum werden die sachlichen Dinge über das Geistige gestellt?

(vs)        

die-frau.de