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Eine dreifache Verwandlung
22.05.2014
Im Theater am Josefskai kann man zurzeit Zeuge einer dreifachen Verwandlung werden.


Mit der Wiedereröffnung des über 13 Jahre lang geschlossenen Theaters am Josefskai 21 gelang es Alexander Waechter, einer zauberhaften kleinen Bühne wieder Leben einzuflößen. Die erste Verwandlung begrüßte uns bereits beim Betreten des Theaters: Es war das Theater selbst. Der Saal, die Einrichtung und die grauen Wände glänzten durch ihre Schlichtheit. Ein dunkles Bücherregal lud zum Schmökern ein und eine große altmodische Kassa verzierte den sonst so schmucklosen Empfangsbereich. An den Wänden befanden sich unbekannte Zeichnungen, die, wie man  später erfuhr, von Franz Kafka selbst stammten.


Als Wächter die in Dunkelheit getauchte Bühne betrat, hörte man die Anspannung des Publikums förmlich. Die zweite Verwandlung stand uns bevor, die Metamorphose des Gregor Samsa. Die biographischen Hintergründe Kafkas erfüllen das ganze Stück, was auch Wächter nutzte, um sein Bühnenbild vortrefflich zu gestalten. Nur ein Stuhl und der originale Grundriss der elterlichen Wohnung Kafkas dienten Wächter als Requisiten seiner „One-Man-Show“, da die Wohnung Kafkas detailgetreu jener der Familie Samsa glich. Subtil aber hervorragend ausgewählt, um die räumlichen Interaktionen zu veranschaulichen. Nun lag das Hauptaugenmerk auf Wächter selbst, der die dritte und letzte Verwandlung vollzog.


Wächter verwandelte sich von Gregor Samsa, zum Prokurator Gregors, zum Vater, zur Mutter und zur Schwester Grete. In allen Rollen bewegte er sich eloquent mit einer Authentizität, die einem sofort in seinen Bann zogen. Nachdem das Licht letztmalig erlosch, war die Begeisterung des Publikums nicht mehr zu halten. Dank Wächter darf man sich um eine wertvolle Erfahrung reicher schätzen und voller Vorfreude seine nächste Produktion des „Eingebildeten Kranken“ von Molière im Sommer in Rosenburg erwarten!


Info:

Kafkas "Die Verwandlung" läuft von Dienstag bis Samstag bis Ende Mai.

Beginn: 20 Uhr.

Karten kosten einheitlich 20 Euro. Gänzlich ohne Subventionen!



(ls)
Titelbild: Franz Kafka. Urheber anonymous. as much is indicated by omission of reference in 1958's Archiv Frans Wagenbach.

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