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Warum ein Architekt kein Prinz sein will
22.01.2014
Seit geraumer Zeit versucht sich die Grazer Oper mit modernen Inszenierungen auch bei jüngerem Publikum zu etablieren. Die Aufführung der letzten von Giacomo Puccini geschriebenen Oper "Turandot" ist ein solcher Versuch.

Turandot, gespielt von Mlada Khudoley, ist eine persische Prinzessin, dessen Schönheit viele Männer in Ihren Bann zieht. Um Sie jedoch zu besitzen, müssen ihre Verehrer drei Rätsel lösen. Sollten Sie versagen, folgt sogleich Hinrichtung durch Köpfung. Einem jungen Mann, einem Unbekannten ohne Namen, gelingt es dennoch. Anfort dreht sich alles um das grausame Spiel zwischen diesen beiden, bei dem kollaterale Schäden unvermeidbar sind, um im dritten Akt Turandot in Sachen Liebe eines Besseren zu belehren.

Das Bühnenbild von Marco Arturo Marelli im ersten Akt ist wahrlich ein Augenschmaus, in dem mit optischen Illusionen, fallenden Gardinen, Wolkenprojektionen und funkenschlagenden Schleifsteinen eine wundervolle Amtosphäre generiert wird.

Bei den Schauspielern sorgt vor allem Margareta Klobucár in ihrer Rolle als Liù für Aufregung und überragt mit Ihrer Darbietung die Hauptdarstellerin Mlada Khudoley bei weitem. Calaf, der Verehrer, wird von James Lee elegant verkörpert. Sehr ins Mark gehen auch die aufhetzenden aggressiven Chöre. Doch am meisten angetan, sowohl schauspielerisch als auch gesangstechnisch, haben es uns wohl das Trio Ping, Pang und Pong, gespielt von Ivan Orescanin, Taylan Reinhard und Martin Fournier.

Im Gegensatz zum Bühnenbild und den Schauspielern muss man dem Stück insgesamt aber leider eine schlechte Note geben. Sitzt man im ersten Akt noch gespannt im Saal und erlebt ein Bühnenspektakel der besonderen Art, wird man im zweiten Akt bereits auf den Kaffee in der Pause vorbereitet, um dann am Höhepunkt des Stückes dem Einschlafen nahe zu sein. Der Regisseur, ebenfalls Marco Arturo Marelli, schafft es leider nicht, die Charaktere im Ensemble glaubhaft in Szene zu setzen. Die gemeinsamen Szenen der Charaktere, in denen Gefühle zueinander und gegeneinander spürbar werden sollten, ziehen die unwichtigen Momente in die Länge, während die emotionsgeladensten Momente rasch abgehakt werden. So lädt der finale Kuss und das glückliche Happy End von Turandot und Calaf (James Lee) eher zum Trauern ein.

Also wenn in der Theaterwelt so eine glückliche Beziehung aussehen soll, dann bin ich froh Architekt geworden zu sein. Denn man merkt, dass alles gespielt ist, wie eine scheinheilige glückliche Ehe. Man kauft es ihnen nicht ab. Die letzte Szene, z.B.: Sie sitzen sich gegenüber auf einem blauen Küchentisch und schauen sich an. Kein Funken Anziehung oder Liebe.

Alles in allem kann sich der Regisseur und gleichzeitiger Bühnenbildner leider nicht entscheiden, in welche Epoche, welchem Ziel und welchem Ort das ganze spielen soll. Wir nehmen an, dass er versucht hat, eine ungelungene Brücke zwischen der persischen und der russischen Turandot von Nezami zu schlagen.

Wir würden Ihnen aber nichtsdestotrotz empfehlen, diese Oper zu besuchen, da vor allem der erste Akt es in sich hat. Zur Not können Sie ja in der Pause gehen und die Geschichte zu Hause lesen.

bsl

Fotos: Werner Kmetitsch

die-frau.de